Städte an der Donau
Blockseminar, 21. - 24. April 2016
Die Donau ist seit dem 19. Jahrhundert die emblematische Landschaft einer Region. Sie war einerseits ein Medium jener Modernisierungsaufgaben, die sich das 19. Jahrhundert stellte, andererseits bezeichnete sie einen europäischen Raum, die sich durch äußerste Vielfalt auszeichnete. Diese Doppelrolle verleiht dem Strom bis heute seine literarische Bedeutung. Der Widerspruch zwischen Homogenisierungsbestrebungen und Fragmentiertheit spitzte sich besonders in Städten und Metropolen der Donau zu.
Von den komplexen Konfigurationen, die diese widersprüchliche Muster der Donau-Literatur eingehen, möchte das Seminar jene herausarbeiten, die den Fluss als Weg, Irrweg, Umweg, Ausweg, Sackgasse und Labyrinth modellieren und ihn im Gegensatz zum umliegenden Land als einen „anderen Raum“ verstehen.
Denn Flüsse sind im Gegensatz zum Meer immer „gerichtet", sie bieten daher für die Literatur Modelle und Metapher des Weges an, wie zum Beispiel das Modell des Lebensweges oder des historischen Flusses, zugleich sind sie immer der Ort, wo die Ordnungen des Festlandes aufgebrochen, wo sie verhandelt bzw. wo sie subvertiert werden. Unter den ausgewählten Texten thematisieren manche die Donau als die Verbindung (als Weg) zwischen dem Okzident und dem Orient, andere beschreiben sie als Fluchtweg, für wieder andere bedeutet der Fluss eine Formfrage (indem sie zum Beispiel die Linearität der Reise und/oder des Erzählens aufkündigen).
Das Blockseminar findet vom 21. bis zum 24. April im Rahmen des Programms „An der Donau. Ein europäisches Literaturprojekt“ auf der Donau-Insel Szentendre statt, das von der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH gefördert wird. Kisoroszi, ein altes Dorf an der Donau, liegt mitten im großen Strom auf der nördlichsten Spitze der Insel nördlich von Budapest und ist mit der Außenwelt mit einer Fähre verbunden. Im Rahmen des Seminars wird auch eine Filmpräsentation zur Donauthematik veranstaltet.
Das Blockseminar ist als Treffpunkt für Studierende der Germanistik aus den Anrainerstaaten der Donau gedacht. Die Kosten für Fahrt und Unterkunft werden aus Projektmitteln finanziert. Die Unterbringung erfolgt in der Pension Rácz und im Konferenzhaus der reformierten Kirche von Kisoroszi.
Dozentinnen:
Dr. habil. Edit Király (Germanistisches Institut der Eötvös Lóránd Universität in Budapest) Dr. Olivia Spiridon (Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde, Tübingen)
Thematische Schwerpunkte
Theoretische Zugänge
- Michel Foucault: Andere Räume. In: Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik. Hg. v. Karlheinz Barck, Peter Gente, Heidei Paris und Stefan Richter. Leipzig: Reclam 1990, S. 34-46.
- Albrecht Koschorke: Kulturelle Felder. In: Wahrheit und Erfindung. Grundzüge einer allgemeinen Erzähltheorie. Frankfurt: S. Fischer 2013, S. 111-137.
- Eva Demski: Mama Donau
- Heimito von Doderer: Die Posaunen von Jericho
- Andreas Okopenko: Protokoll einer Donau-Fahrt
- Lexikon einer sentimentalen Reise zum Exporteurtreffen in Druden
- Ladislav Fuks: Reise ins Gelobte Land
- Michal Hvorecky: Tod auf der Donau
- Kemény István: Liebe Unbekannte
Novi-Sad – Serbien
- Tibor Cseres: Kalte Tage
- Karl-Markus Gauß: Die Lehre der Donau
- Alexander W. Kinglake: Eothen
- Mihajlo Pantić: Wenn es Liebe ist
Russe – Bulgarien
Sulina – Rumänien- Elias Canetti: Die gerettete Zunge
- Jean Bart (Eugen Botez): Europolis
Das Lesematerial ist in einem Ordner (Danubylon) zusammengestellt und mit einem Passwort zugänglich.
Präsentation des Films „Donau Exodus“ durch den Regisseur Péter Forgács am 22.06.2016
Link zur Webseite von Péter Forgács:
http://www.forgacspeter.hu/english/films/The+Danub...
Der Dokumentarfilm berichtet über die Donau als Migrationsweg von jüdischen und deutschen Flüchtlingen in den Jahren 1939 und 1940. Verwendet wurden Originalaufnahmen aus Filmarchiven und privaten Nachlässen.
Das Seminar im Rückblick